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Jacopone da Todi

Mach’ mir auf, Herr Jesus Christ,
der du Heil und Leben bist.

Mach’ mir auf, mein Heil und Leben,
dem ich ganz in Lieb’ ergeben;
nicht vergebens sei mein Streben,
lass mich ein zu dieser Frist.

Mach’ mir auf, du mein Verlangen,
eh’ die letzte Kraft zergangen;
bist du fern, fühl’ ich mit Bangen,
dass die Seele mein vergisst.

Woll’ in Milde zu mir treten,
all die Nacht hab’ ich gebeten;
Tränen mir die Augen röten,
und der Gram mein Herz zerfrisst.

Mach’ mir auf und lass dich sehen;
ferne dir muss ich vergehen
in so grausen Todeswehen,
die kein Menschenherz ermisst.

Tür’ und Arm’ erschließe schnelle,
zeig’ dein Antlitz mir, das helle,
eh’ die Seele durch die grelle
Finsternis vernichtet ist.

Mach’ mir auf und hold verhüte,
dass die Sehnsucht länger wüte;
todestrüb ist mein Gemüte,
bleibst du fern, Herr Jesus Christ. –

Als der Herr sah, was ich litte,
da gewährt’ er meine Bitte,
und als Gast in meine Hütte
trat er ein zu jener Frist.

Als in Lieb’ er mir verbündet,
fühlt’ ich also mich entzündet,
dass es nimmermehr verkündet
Menschenred’ und Menschenlist.

Meine sünd’ge Seel’ erheben
wollt’ er sich zur Braut und geben
Frieden ihr und Wonneleben,
dass sie nichts hinfort vermisst.

Und er machte, dass ich rein bin,
fern der Welt und nicht mehr mein bin;
und er sprach: „So wie ich dein bin,
sorge, dass du mein nun bist.

Ohne mich erwirbst hienieden
nimmer Ruhe du und Frieden;
nimm das Kreuz und trag’s zufrieden,
wie ich’s trug, von dieser Frist.“

Jacopone da Todi