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Jacopone da Todi

Verachtet will ich leben und verschmäht,
dieweil das Herz für dich in Flammen steht.

Ich will verschmäht einhergehn und verachtet,
dein Licht verhindert, dass es je mir nachtet;
du riefst mich, Herr, und trägst mich hold im Herzen;
drum will ich allzeit singen, tanzen, scherzen,
gibt deine Liebe, was mein Herz erfleht.

Die Liebe säumt nicht, bei mir einzukehren,
da Liebesglut und Sehnsucht mich verzehren;
es scheint das Herz zu Gott sich aufzuschwingen
und wünscht, ihn fest mit Armen zu umschlingen,
sodass es vor Verlangen ganz zergeht.

Mitleidig ist die Lieb’ und stillt das Schmachten,
sobald der Wonne Flammen sich entfachten;
sie nimmt die Qualen, die das Herz zerrissen,
und lässt mich selig ruhn auf ihrem Kissen,
so selig, dass es kein Verstand versteht.

Kein Geist erfasst und keine Zunge kündet
die süße Wonne, die das Herz empfindet;
doch Ehrfurcht ist und Kühnheit hier verschlungen,
weil hoch zum Herrn das Herz sich aufgeschwungen,
der mild zu solchem Wonnerausch es lädt.

Und wenn ich wie betört nun und verrückt bin,
wie könnt’ ich anders, da ich ganz entzückt bin?
Vor Liebe schmilzt mein Herz; doch unermattet
versucht’s, ob größre Lieb’ ihm noch gestattet,
wenn Kraft genug die Lieb’ ihm zugesteht.

Jacopone da Todi