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Jakob Lorber

1

Hat der Mensch sich in seinem Herzen durch die Liebe nicht eine neue Erde geschaffen, so wird seine Seele in der Unendlichkeit herumgetrieben und nimmer Ruhe finden, außer im falschen und nichtigen Gebilde der eigenen Fantasie, die, je länger sie andauern wird, stets schwächer, finsterer und am Ende zur dicksten Nacht und Finsternis wird, aus der die Seele aus sich selbst schwerlich je einen Ausweg finden wird.

2

Die Liebe ist das Leben. Wer kein Liebeleben hat, der ist nichts als eine eitle Maschine, die lediglich von den Welttrieben in Bewegung gesetzt wird, und sein Schauen, Hören und Empfinden ist eitel mechanisch und kann sich nie über die gerichtete Sphäre der gerichteten Beschränkung erheben. Nur das wahre Liebeleben ist selbstständig und frei.

3

Es wird das Leben beschaffen sein, wie da beschaffen ist die Liebe. Ist die Liebe zeitlich, so wird auch das Leben ein vergängliches sein gleich der Liebe, welche da ist die alleinige Bedingung des Lebens; in solcher Liebe aber ist kein Licht. Ist aber die Liebe für ewig gestaltet, so ist auch das Leben gleich ihr; und sehet, solche ewige Liebe ist erst das lichte Wachwerden des ewigen Geistes, der da selbst nichts als pur Liebe ist.

4

Wahrhaft in aller Tat lieben ist mehr, denn ein Herr aller Schätze nicht nur dieser, sondern aller Welten in der ganzen Unendlichkeit sein.

5

Darin liegt die höchste Weisheit, dass ihr weise werdet durch die lebendigste Liebe. Alles Wissen ist ohne die Liebe nichts nütze. Darum bekümmert euch nicht so sehr um ein vieles Wissen, sondern dass ihr viel liebet. So wird euch die Liebe geben, was euch kein Wissen je geben kann.

6

Die Liebe ist der Kern aller Weisheit. Der Weisheit sind nicht alle Dinge möglich, weil die Weisheit nur einen gewissen Weg geht und sich mit dem, was unrein ist, nicht befassen kann. Aber der Liebe sind alle Dinge möglich: Denn sie ergreift auch das, was verworfen ist, mit derselben Innigkeit, wie das, was in sich selbst schon das Reinste ist. Die Liebe kann alles brauchen. Die Weisheit aber nur, was die Liebe gereinigt hat.

7

Die Liebe muss rein sein, dass sie, durch nichts genötigt, sich frei erhebt und mit vereinter Kraft aus sich den frei gewählten Gegenstand erwählt, ihn umschlingt und ewig nimmer auslässt.

8

Die rechte Liebe muss sich zu Tode lieben, entweder im Geiste oder in der Tat des Fleisches, und dieser Tod ist erst die wahre Auferstehung zum wahren ewigen Leben, in welchem dann diese Liebe ganz allein leben wird in der allerhöchsten, sich stets und ewig steigernden Wonne und in wahrer, allermächtigster Wollust des eigenen Lebens.

9

Die Menschen sind die Lust Gottes, wenn sie in Seiner Ordnung das werden, was zu werden sie bestimmt sind. In ihnen findet Gott Seinesgleichen wieder, und ihr stetes Wachsen an Erkenntnissen aller Art und in aller Liebe, Weisheit und Schönheit, ist Gottes unverwüstbare Lust und Seligkeit.

10

Frage nie: „Wo bist Du?“! Da werde Ich dir nie sagen: „Hier bin Ich!“, sondern frage sorgfältig dein Herz, ob es Mich liebt, und Ich werde in deinem Herzen, das Mich liebt, zu dir rufen: „Hier bin Ich zu Hause in aller Fülle Meiner Liebe, Gnade und Erbarmung!“

11

Sehet ihr alle, also ist die rechte Liebe beschaffen: Stille duldend und nichts suchend denn allein den Gegenstand, den das Herz liebt. Und hat das Herz den gefunden, dann ist es glücklich und überglücklich, – wenn es den Geliebten auch nicht vor den Augen hat, aber desto mehr im Herzen! Wenn aber der Geliebte sieht die stille, duldende Sehnsucht des Liebenden, da er ist voll Demut und sich kaum getraut, aufzublicken zu dem Geliebten, – wahrlich, der ist es, dessen Liebe gleichkommt der Liebe Dessen, den er liebt, und der ihn schon liebte, ehe er noch war!

12

Wer Mich liebt, der muss Mich ganz und über alles lieben, so er von Mir auch über alles geliebt werden will.

13

Wer da rechnet in der Liebe und zählt, was er tut und gibt, dem will Ich desgleichen tun, – und der Rechner wird nicht frei und der Zähler nicht ledig werden so lange vor Mir, bis er das Rechnen und Zählen von sich verbannen wird. Die Liebe muss frei sein und sich in ihrer innern Tätigkeit nicht zuvor Rates im Kopfe holen. Daher sage Ich euch: Lasset alles fahren, allein die Liebe behaltet!

14

Wer die Liebe zu Mir erweckt, der erweckt seinen von Mir ihm gegebenen Geist. Und da dieser Geist Ich selbst bin und sein muss, weil es außer Mir ewig keinen andern Lebensgeist gibt, so erweckt er dadurch Mich selbst in sich und ist dadurch ins ewige Leben vollauf eingeboren und kann dann nimmer sterben und vernichtet werden – auch durch Meine Allmacht nicht, weil er mit Mir eins ist.

1, 10  Das große Evangelium Johannes 1
2, 13  Schrifttexterklärungen
3  Die Haushaltung Gottes 2
4  Das große Evangelium Johannes 5
5  Das große Evangelium Johannes 4
6  Robert Blum
7, 8, 11  Die Haushaltung Gottes 1
9, 12, 14  Das große Evangelium Johannes 2