Meister Eckharts
mystische Schriften
übertragen von Gustav Landauer
Predigten
Vom Schweigen
Vom Unwissen
Von der Dunkelheit
Von stetiger Freude
Von der Stadt der Seele
Vom namenlosen Gott
Vom innersten Grunde
Von der Vollendung der Zeit
Ein Zweites vom namenlosen Gott
Von guten Gaben
Von unsagbaren Dingen
Vom Leiden Gottes
Von der Einheit der Dinge
Wie Jesus an dem Stricke zog
Von der Erkenntnis Gottes
Von der Armut
Von Gott und der Welt
Von der Erneuerung des Geistes
Von der Natur
Von Gott und Mensch
Vom Tod
Was ist Gott?
Vom persönlichen Wesen
Traktate
Von den Stufen der Seele
Gespräch zwischen Schwester
Kathrei und dem Beichtvater
Von der Abgeschiedenheit
Von der Überfreude
Die Seele auf der Suche nach Gott
Von der Überfahrt zur Gottheit
Vom Zorn der Seele
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Fragmente
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Ein Zweites vom namenlosen Gott
Wenn die Seele in die namenlose Stadt kommt, da ruht sie aus; wo alle
Dinge Gott in Gott sind, da ruhet sie. Die Stadt der Seele, die Gott ist, die
ist ungenannt. Ich sage, dass Gott ungesprochen ist. Einen unserer ältesten
Meister, der die Wahrheit schon lange und lange vor Gottes Geburt gefunden hat,
ehe der Christenglaube vorhanden war, wie er jetzt ist, den dünkte es, dass
alles, was er von den Dingen sprechen könnte, etwas Fremdes und Unwahres in sich
trüge; darum wollte er schweigen. Er wollte nicht sagen: Gebt mir Brot, oder
gebt mir zu trinken! Aus dem Grunde wollte er nicht von den Dingen sprechen,
weil er von ihnen nicht so rein sprechen konnte, wie sie aus der ersten Ursache
entsprungen seien; darum wollte er lieber schweigen, und seine Notdurft zeigte
er mit Zeichen der Finger. Da nun er nicht einmal von den Dingen reden konnte,
so schickt es sich für uns noch mehr, dass wir ganz und gar schweigen müssen von
dem, der da ein Ursprung aller Dinge ist.
Nun sagen wir, Gott sei ein Geist. Dem ist nicht so. Wäre Gott
eigentlich ein Geist, so wäre er gesprochen. Sankt Gregorius spricht: Wir können
von Gott nicht eigentlich sprechen. Was wir von ihm sprechen, das müssen wir
stammeln.
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