Meister Eckharts
mystische Schriften
übertragen von Gustav Landauer
Predigten
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Vom Unwissen
Von der Dunkelheit
Von stetiger Freude
Von der Stadt der Seele
Vom namenlosen Gott
Vom innersten Grunde
Von der Vollendung der Zeit
Ein Zweites vom namenlosen Gott
Von guten Gaben
Von unsagbaren Dingen
Vom Leiden Gottes
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Wie Jesus an dem Stricke zog
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Von Gott und Mensch
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Was ist Gott?
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Von der Natur
Es sagen unsere Meister, alles was erkannt wird oder geboren wird, ist
ein Bild, und sie sagen folgendes: Wenn der Vater seinen eingeborenen Sohn
gebären soll, so muss er sein in ihm selbst bleibendes Bild gebären, das Bild in
dem Grunde, so wie es von Ewigkeit in ihm gewesen ist, formae illius, das heißt,
seine ihm selbst bleibende Form. Dies ist eine Naturlehre, und es dünkt mich
recht unbillig, dass man Gott mit Gleichnissen, mit diesem oder jenem, aufzeigen
muss. Dennoch ist er weder dies noch jenes, und damit begnügt sich der Vater
nicht, sondern er zieht sich zurück in die Erstheit, in das Innerste, in den
Grund und in den Kern der Vaterschaft, wo er ewig drinnen gewesen ist, in sich
selbst in der Vaterschaft und wo er sich selbst verzehrt als Vater seiner selbst
in dem einig Einen. Hier sind alle Grasblättlein und Holz und Stein und alle
Dinge eins. Dies ist das Allerbeste, und ich habe mich ganz darein vernarrt.
Darum fügt die Natur alles, was sie leisten kann, da hinein, das stürzt alles in
die Vaterschaft, auf dass sie eins und ein Sohn sei und all dem andern
entwachsen und allein in der Vaterschaft sei, und dass sie, wenn sie nicht
darein sein könne, doch wenigstens ein Gleichnis des Einen sei. Die Natur, die
von Gott ist, sucht nichts, was außerhalb von ihr ist, ja, die Natur, wie sie in
sich ist, hat nichts mit der Farbe zu tun, denn die Natur, die von Gott ist, die
sucht nichts anderes als Gottes Gleiches.
Ich überlegte mir heute Nacht, dass nur Gleiches aufeinander wirken
kann. Ich kann kein Ding sehen, das mir nicht gleich ist, und ich kann kein Ding
erkennen, das mir nicht gleich ist. Gott trägt alle Dinge verborgen in sich
selbst, aber nicht in dies oder das unterschieden, sondern eins in Einheit. Das
Auge hat auch Farbe in sich, das Auge empfängt die Farbe und das Ohr nicht. Das
Ohr empfängt das Getön und die Zunge den Geschmack. Es hat jedes das, mit dem es
eins ist. Demnach hat das Bild der Seele und Gottes Bild ein Wesen: da wir
Gottes Kinder sind. Und selbst wenn ich weder Augen noch Ohren hätte, so hätte
ich doch noch das Wesen.
Ich habe öfters gesagt: Die Schale muss zerbrechen, und was
darinnen ist, muss herauskommen. Denn willst du den Kern haben, so musst du die
Schale zerbrechen. Und wenn du daher die Natur nackt finden willst, so müssen
die Gleichnisse alle zerbrechen, und je weiter man hineintritt, umso näher ist
man dem Wesen.
Vor ein paar Jahren war ich nichts; nicht lange nachher aßen mein
Vater und meine Mutter Fleisch und Brot und Kraut, das im Garten wuchs, und
davon bin ich ein Mensch. Das konnte mein Vater oder meine Mutter nicht
bewirken, sondern Gott machte meinen Körper unmittelbar und schuf meine Seele
nach dem Allerhöchsten. Demnach besaß ich mein Leben selbst [possedi me]. Dies
Korn zielt auf den Roggen ab, dem wieder liegt es in der Natur, dass er Weizen
werden kann, darum ruht er nicht, bis er eben diese Natur erreicht. Dies
Weizenkorn hat es in der Natur, dass es alle Dinge werden kann, darum geht es in
sich und begibt sich in den Tod, auf dass es alle Dinge werde. Und dies Erz ist
Kupfer, das hat in seiner Natur, dass es Gold werden kann, darum ruht es nicht,
bis es eben diese Natur erreicht. Ja, dies Holz hat in seiner Natur, dass es ein
Stein werden kann; ich sage noch mehr, es kann wohl alle Dinge werden, es löst
sich in ein Feuer und lässt sich verbrennen, damit es in die Feuernatur
verwandelt werde, und es wird eins dem einen und hat ewig dieselbe Natur. Ja,
Holz und Stein und Bein und alle Grashalme haben allesamt ein Wesen in der Erstheit. Und tut diese Natur das, was tut dann erst die Natur, die da so nackt
in sich selbst ist, die da weder dies noch das sucht, sondern sie entwächst
allem Anderssein und läuft alleins zur reinen Erstheit.
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